Donnerstag, 20. Juni 2013

Chaka, Cha-Cha!

Die letzten Wochen habe ich mit zwei Dingen verbracht: Zum einen habe ich einiges über Tiger gelernt und mein Bild so immer mehr konkretisiert. Zum anderen habe ich Vorstellungstraining betrieben. In allen möglichen Situationen – auf der Couch wie im Training – habe ich mir zunächst meinen Tiger vorgestellt, dann mich selbst als Tiger und schließlich mich als Tiger im Wettkampf.

Aber der Reihe nach. Was habe ich alles über Tiger gelernt?

  • Durch seine Stärke, Größe und Gewandtheit hat der Tiger die Menschen seit Urzeiten beeindruckt. Mich jetzt auch!
  • Tiger sind sehr gute Schwimmer. Im Gegensatz zu anderen Katzen wie Löwen oder Leoparden gehen sie sehr gerne ins Wasser und schwimmen ausgezeichnet. Diese Eigenschaft muss ich mir zu eigen machen, die kann ich gut gebrauchen!
  • Tiger sind angriffslustig, pirschen sich an und überwältigt dann ihre Beute. Wie ich – natürlich nur im Wettkampf!
  • Tiger gehen bei der Jagd bis an ihre Grenzen und darüber hinaus. Genau, was ich will!

Also will ich im Wettkampf zum Tiger werden. Ich schlüpfe in eine Rolle. Ich habe meinem Tiger (ergo mir) einen Namen gegeben: Cha-Cha. Ich habe ihm einen Anfeuerungsruf kreiert: Chaka, Cha-Cha! Ich habe mir einen Song gesucht, der meine Wettkampfmusik wird: Eye of the Tiger.

Damit sich das Bild dieses Tigers in meinem Kopf festigt, gewähre ich ihm Eintritt in meinen Alltag. Ich habe meinen PC-Bildschirmhintergrund gewechselt: Ab sofort springt mich ein Tiger an. Das Vorstellungstraining betreibe ich so oft ich kann: vermehr auch in Situationen, in denen meine eigentliche Aufmerksamkeit etwas anderem gilt. Ich spiele Tiger im Training: und es funktioniert.

Inzwischen hat sich der Ablauf eingespielt. Ausgelöst durch meinen Schalter – den lackierten Fingernagel –, denke ich „Hallo Cha-Cha!“. Dann sehe ich Cha-Cha: die Streifen, die Augen, vor allem aber die starken Arme und Beine und den kraftvollen Körper. Cha-Cha steht im Gras, angespannt, in Lauerstellung. Dann denke ich: „Chaka, Cha-Cha!“ und blase zum Angriff. Ich spüre die großen, kraftvollen Schritte. Ich spüre gleichzeitig die Leichtigkeit, mit der Cha-Cha über den Boden rennt. Ich spüre den Jagdtrieb, mit dem Cha-Cha seiner Beute nachsetzt. Und ich spüre, wie er sie kriegt. Ich bin Cha-Cha und ich gebe Vollgas!

So kaputt, wie gestern nach dem Intervalltraining auf dem Rad inklusive Tiger-Visualisierung, war ich noch selten. Reserven? Keine Vorhanden. Ziel erreicht – fürs erste!

Mittwoch, 12. Juni 2013

Der Tiger

Nachdem der Schalter feststand, galt es zu überlegen, was er eigentlich auslösen soll. Oder besser, wie er auslöst, was er auslösen soll. Denn dass das Schalterumlegen zu einer Runde Vollgas führen sollte, soweit waren wir ja schon. 

Unser Plan war es, in meinem Kopf eine positive Assoziation zu wecken, die mich in besonderer Weise motiviert. Dazu setzte ich mich zu allererst hin und erinnerte mich. Ich erinnerte mich an einen Triathlon, bei dem es besonders gut gelaufen war. Das war einfach, denn der lag gerade einmal drei Tage zurück.

Wie ging es mir während des Wettkampfs? Was habe ich gefühlt? Was gehört? Was gerochen? Was habe ich gedacht? Ich schuf mir ein möglichst konkretes Bild im Kopf. Dieses Bild, geknüpft an einen Spruch, sollte mein Schalter auslösen – und ich dann sozusagen auf Kommando Vollgas geben. 

„Hey Schatten, dir fahr ich davon“ lautete mein Motto – waren das doch genau die Gedanken, die ich während dieses guten Wettkampfs zuletzt wirklich kurzzeitig gehegt hatte. Die positiven Erinnerungen – und damit die Extraportion Motivation – sollten so doch geradezu von selbst in meinen Kopf fliegen. Hätte man denken können. 

Aber so richtig funktioniert hat es vom Start weg nicht. Weder beim Vorstellungstraining auf der Couch, noch bei den ersten Umsetzungsversuchen im Training. Der Satz ist undynamisch, steif, langsam. Allessamt keine Adjektive, die ich mit mir verknüpft sehen will. Nach der anfänglichen Begeisterung stand deswegen schnell fest: Der Satz gefällt mir nicht, er funktioniert nicht, ich  brauche etwas anderes. 

Wir haben deswegen weiter gegrübelt und getüftelt. Wir haben uns ein wenig von der Realität entfernt – weil seinem Schatten davon zu fahren ja so realistisch ist :-) – und abstrakte Ideen zugelassen. Wir haben ein wenig gesponnen – und entwickelten eine Vorstellung, die mich von Anfang an überzeugte:

Ich werde zum Tiger.

Der Tiger ist schnell, stark und ausdauernd. Er ist intelligent und anpassungsfähig. Und er legt sich eine Taktik zurecht, bevor er angreift. All das gefällt mir und passt zum Triathlon, wie es besser kaum geht. In Zukunft soll deswegen dieses majestätische Tier meine Identifikationsfigur werden. Wie genau? Mal sehen. Auch, ob ich ab jetzt immer Kellogg‘s Frosties (die wecken den Tiger in dir) vor dem Wettkampf essen werde.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Der Schalter

Ich habe gelernt: Ich brauche einen Schalter. Der Schalter soll nichts anderes sein als ein Auslöser, um mich im Wettkampf an Gelerntes zu erinnern. Am Ende soll es so laufen, dass ich immer, wenn ich im Wettkampf den Schalter betätige, richtig Vollgas gebe. Je öfter mir das im Laufe eines Wettkampfs gelingt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Ziel keine Leistungsreserven mehr übrig sind – mein Ziel wäre erreicht. 

Was also könnte als Schalter fungieren? Mein bisher meistgenutzter Schalter ist mein Freund. Wenn der am Streckenrand steht und mich anfeuert, kann ich in der Regel Reserven mobilisieren und zumindest kurzfristig an Tempo zulegen. Nun schafft es aber selbst mein Freund nicht, auf jedem Teil der Strecke als potentieller Schalter zur Verfügung zu stehen. Also muss mein Schalter so konzipiert sein, dass ich ihn wirklich zu jeder Zeit eines Wettkampfs betätigen kann.

Wir waren uns einig, dass mein Schalter am besten ein optisches Signal ist. Ein Aufkleber auf dem Lenker zum Beispiel. Oder ein Armband, das beim Laufen regelmäßig in mein Blickfeld tritt. Aber was könnte es beim Schwimmen sein? Und außerdem: drei verschiedene Schalter, die aber alle das Gleiche auslösen sollen? Hm…

Am Ende entschied ich mich, den Nagel meines linken Daumens schön auffällig zu lackieren. Beim Laufen sollte mir das ins Auge springen, auf dem Auflieger liegend sowieso und ich habe sogar ein wenig Hoffnung, dass der an mir ungewohnte Farbtupfer beim Schwimmen das ein oder andere Mal die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Und dann muss es heißen: Schalter entdeckt, Schalter umgelegt und einmal Vollgas bitte. Aber dazu beim nächsten Mal.

Für jetzt ist er erst einmal gefunden, mein Schalter.