Freitag, 26. Juli 2013

Der Test

Der erste Wettkampf, bei dem ich meinen Tiger frei lassen wollte, war ein Sprint am Hennesee. Da wegen meiner verletzungsbedingten Trainingspause keine physischen Höchstleistungen zu erwarten waren, wollte ich zumindest mentale Höchstleistungen abrufen.

Geschwommen bin ich tatsächlich wie ein Tiger. Zum ersten – und vermutlich letzten - Mal in meinem Leben, kam ich als erste Frau aus dem Wasser. Ich muss allerdings zugeben: Das lag eher an der Konkurrenz, denn an meiner außerordentlichen sportlichen Leistung. An Cha-Cha habe ich im Wasser nämlich nicht einmal gedacht. Stattdessen an die Arme und Beine der anderen Athleten in meinem Gesicht, an die roten Bojen am Horizont, die von den roten Badekappen der schnelleren Schwimmer eigentlich nicht zu unterscheiden waren. Irgendwo dazwischen lag auch noch meine verzweifelte Bemühung, geradeaus und womöglich auch noch schnell zu schwimmen. Am Ende noch eine finale Tempoverschärfung bis zum Ausstieg. Für ein „Chaka, Cha-Cha!“ hatte ich im Wasser einfach keine Zeit.

Auf dem Rad lief es – psychologisch gesehen - ein bisschen besser. Zwar forderten auch da kurvige Abfahrten meine volle Aufmerksamkeit, aber zumindest in den zu den Abfahrten führenden Anstiegen konnte ich den Tiger loslassen. Das klappte aber eigentlich auch nur halbwegs gut. Vom relativ langen Ablauf (Schalter, Bild, Spruch, Bild), den ich trainiert hatte, ist fast nur der Spruch übrig geblieben. Wirklich gespürt habe ich den Tiger nicht, ein bisschen schneller bin ich durch die Selbstanfeuerung aber trotzdem geworden.

Beim abschließenden Lauf lief es ähnlich, wobei ich da immerhin die Leichtfüßigkeit des Tigers hin und wieder für ein paar Meter auf den Asphalt gebracht habe. Da hat mein Vorstellungstraining also sogar eine technische Verbesserung bewirkt. Und der Hitze konnte ich trotzen, indem ich mir dachte „In der Savanne ist es auch warm. Den Tiger stört das nicht“. Das hat gut funktioniert.

Erkenntnis des Tages: So wie man physische Form nicht in vier Wochen aufbauen kann, geht das auch mit der mentalen Stärke nicht. Fortschritte sind zu erzielen, aber eben keine Höchstleistungen.